Hier bin ich
Ich habe mich ja jetzt immer sehr zurückgehalten mit eigenen Statements. Der Grund war, ich habe eine Selbstfindungsphase durchlaufen. Nachdem ich Mitte September 2011 glaubte, der glücklichste Mensch der Welt zu sein, dessen sehnlichster Wunsch sich nach vier langen Wartejahren endlich erfüllt, bin ich nur sechs Wochen später ins Bodenlose gefallen.
Mitten in meiner Scheidung von meinem damaligen Mann kam auch noch die Trennung von meiner vermeintlich großen Liebe. Ich will ihn jetzt hier nicht schlechtmachen oder so. Ich habe ihn einfach als etwas gesehen, was er nicht war und auch nie erfüllen konnte. Und er hatte einige – sagen wir „Eigenschaften“ – die ich nicht ahnen konnte. Fakt ist, ich bin immer weniger ich selbst gewesen, ich kann mich ja mit 1,50 m und 72 kg schon recht gut hinter einem Typen von 1,90 m und 200 kg verstecken.
Aber was mit dieser Gewichtsklasse alles an Problemen verbunden ist, hätte ich nicht einmal ahnen können. Nun gut, ich will hier nicht ins Detail gehen, es wird sich jeder vorstellen können, der eine normal eingerichtete Wohnung besitzt, wo auch manchmal die Durchgangswege nicht so breit sind usw. Und dass man mit 200 kg nicht schnell laufen kann und ohne sich auszuruhen, kann sich auch jeder vorstellen – also lange Wegezeiten einplanen oder für die kürzesten Strecken von paar 100 m das Auto nehmen (zum Glück war es nicht tiefergelegt).
Wobei ich sagen muss, das Gewicht hätte mich nicht gestört (an dem hätte man arbeiten können, wenn er gewollt hätte) und selbst geholfen hätte ich ihm jederzeit, immer, wenn alles andere gespasst hätte. Aber das Körperliche meinte ich nicht… ich bin auch so mehr und mehr „verblasst“. Ich wusste gar nicht, dass ich mich so aufopfern kann. Ich habe es gern getan, aber es war falsch.
Aus dieser Erfahrung habe ich für mich einiges abgeleitet:
1. Verliebe dich nicht in ein Foto, chatte Ewigkeiten, treffe einen Menschen drei Mal und denke dann, du würdest ihn kennen. Lerne ihn genauer kennen und prüfe, ob er deine Liebe wert ist. Wenn ja, dann liebe ohne Einschränkungen. Gehe zurückhaltender auf Andere zu.
2. Mache niemals einen anderen Menschen zu deinem höchsten Lebensziel – es sei denn, es ist dein Kind. Denn nur für dich und dein Kind bist du verantwortlich (so lange es nicht 18 ist). Ansonsten bist du bzw. sind du und dein Kind DAS ZIEL, wofür es sich zu leben lohnt, wofür man Geld verdient, wofür man jeden Tag aufsteht, worauf man hinarbeitet, wofür man kämpft usw.
3. Stelle nie deine eigenen Bedürfnisse hinten an und mache dich klein – das jetzt natürlich nicht in Metern gemeint, sondern in Selbstwert. Sage deutlich, was du willst und was dich stört und habe niemals Angst davor, wenn man dir droht, dich zu verlassen (manchmal könnte es sein, dass es dadurch besser wird ;-))
4. Gib dich nicht selbst auf. Opfere dich nicht auf. Wenn du gibst, gib gern, aber gib dem Anderen keine Chance, dich auszunutzen. Denn wenn du ausgenutzt wirst, ist es nicht SEINE, sondern DEINE Schuld – du lässt es ja zu!
5. Gib keine Liebe im Überfluss (erdrücke niemanden mit Liebe), klammere nicht und enge den anderen nicht ein. Wahre Liebe erwartet zwar nichts und auch keine Gegenliebe. Aber wenn der andere dich und deine Liebe überhaupt nicht wertschätzen kann, dann ist es an der Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen. Zwar ist es natürlich, dass man nach vier Jahren Wartezeit ein übervolles Herz hat. Viele würden sich darüber sicher freuen. Aber es gibt eben auch Menschen, die davon schlicht und ergreifend überfordert sind. Und wer so ein lebenslustiger und überschwänglicher Mensch ist wie ich von Haus aus, der muss da natürlich sehr aufpassen. Allerdings, wenn ich arbeite, möchte ich auch nicht aller 2 Minuten umarmt werden und noch schlimmer wäre ein 3 x tägliches „Ich liebe dich.“ Der Zeitpunkt sollte passen.
6. Ignoriere den anderen, wenn er bereits zwei Chancen vertan hat. Egal, ob er an dein Facbook-Konto anklopft, E-Mails schickt oder anderweitig wieder Kontakt sucht. Ich vergleiche das mit einem Raucher, der sich das Rauchen abgewöhnen will: Wenn man dem eine Zigarette in die Hand drücken würde und sagen, „ein Zug macht nichts“, was würde wohl passieren? Ganz genau! Man hängt sofort wieder drin. Liebe ist so ähnlich wie Rauchen oder wie eine Droge (wobei ich damit allerdings nur theoretische Erfahrungen habe, zum Glück). Wer sich entliebt, bricht alle Kontakte ab. Rigoros. Alle. – Tut übrigens gut, dauert nur sehr lange, „clean“ zu werden!
Ich bin nun an dem Punkt, wo ich darüber reden kann. Fast ein Jahr. Ich habe noch nie so lange gebraucht, um über einen Menschen hinweg zu kommen, aber man sagte mir, „Entlieben“ ist wie Trauerarbeit. Da hilft nicht verdrängen und arbeiten, da hilft nur aussitzen, drüber nachdenken, richtig gründlich heulen und am Ende gestärkt daraus hervorgehen. Das „Ich verliebe mich nie wieder“ spare ich mir an dieser Stelle ;-) Ich will mein langsam frei werdendes Herz öffnen für neue Pfade. Und wenn nicht, dann eben nicht. Ich bin auch so ganz glücklich mit meinem wunderbaren Sohn, dessen schlechteste Schulnote in diesem Jahr bisher die Drei ist.
Hier bin ich – 6 kg schwerer, aber auch das wird sich hoffentlich ändern, denn ich laufe, fahre Rad, gehe schwimmen (unsere örtliche Schwimmhalle öffnet bald nach der Renovierung, dann muss ich nur noch einen sehr steilen Berg hoch – uff! Aber den Schweiß werd ich ja unter der Dusche wieder los ;-)
Ich will bald wieder endlich Zumba tanzen und im Fitness-Studio an den Geräten und in Kursen (1 x wöchentlich) durchstarten. Ich werde nie eine Sportskanone und ein durchtrainierter Mann wäre nichts für mich, aber unternehmungslustig ist schon was Schönes. Und Tanzen! Ich liebe tanzen! Naja, schauen wir mal, was die Zukunft bringt…
So, lang geworden, aber das musste mal raus. Jetzt gehts mir wieder ein Stück besser. Befreiter. Freier! Auf zu neuen Herausforderungen! :-)
Eure Seraphina Fuego
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