Wrozlaw – der etwas andere Reisebericht

Heute in der Kirche berichtete einer unserer Mitarbeiter von der diesjährigen Fahrt nach Wrozlaw – Breslau in Polen, der mich sehr bewegt hat.

Wie ihr alle wisst, sind die Polen arme Menschen. Obwohl es dort seit der Wende die gleichen Supermarktketten gibt wie in Deutschland, können die Bewohner es sich mit ihren Verdiensten nicht leisten, dort einkaufen zu gehen.

Unsere Partnerkirche kann aus Kostengründen das große Gebäude nicht heizen. Deshalb wurden Trennwände eingezogen und der kleine Bereich „Winterkirche“ wird mit Propangas so dürftig geheizt, dass man die Anoraks besser an behält. Man sitzt auf Stühlen, wie sie viele von uns nicht einmal mehr als Gartenstühle nutzen würden…

Der Verein „Hoffnungsfunken“ unserer Kirche hatte zu Weihnachten liebevoll gepackte Schuhkartons mitgenommen. Für uns sind es Kleinigkeiten, die den Kindern in Polen die Weihnachtszeit versüßen sollten. Kleines Spielzeug, Plüschtiere, ausrangierte Puppen und Bücher, etwas zum Naschen, Stifte, Söckchen, hier und da ein T-Shirt – Sachen, wo es uns nicht schwer fällt, diese abzugeben an die armen Kinder. Was für ein Leuchten sahen die Mitfahrer des Konvois in deren Augen der Kleinen, wenn sie die Gaben erhielten…

Erinnerungen kommen hoch. Das Westpaket zu Weihnachten, wie haben wir uns gefreut, wenn unsere „Westverwandten“ ausrangierte Pullover, Hosen, Jacken geschickt haben! Das Päckchen Kaffee und die Tafel Milka oder Moncherie, welche manchmal nach Palmolive-Seife schmeckten, weil sie von der Seife den Duft angezogen hatten. Kaugummi und mal ein Poster von den angesagten Bands. Ein Matchbox-Auto und eine bunte Strumpfhose, von der die Verwandten schrieben, sie habe 12 DM gekostet…. Bei uns im Exquisit konnten wir sie nicht kaufen, da kostete sie das Dreifache…

Und doch waren wir niemals so arm, wie diese Kinder in Polen. Wir hatten Arbeit, genug zu essen und ein Dach über dem Kopf. Armut.
Erinnerungen kommen hoch – an einen Urlaub in Tunesien. So wunderschön die Hotelanlagen und die Touristenbereiche sind, wenn man sich mal Land und Leute näher anschaut, fällt auf: Schmutzig, elend und arm. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in diesen Ländern deutlich zu sehen. Und doch – die Menschen tragen nicht mal Schuhe und sind viel glücklicher und ausgeglichener als hierzulande.

Handy? Fernseher? Laptop? PC? Telefon? Fax? Auto? – Alles Dinge, die heutzutage für die meisten Menschen hierzulande selbstverständlich sind… Die Bewohner der Wüstenregionen haben nichts, außer ein paar Nahrungsmittel und Getränke und ein Dach über dem Kopf. Und das ist für sie schon Reichtum! Sie haben nichts und sind trotzdem glücklich. Verdirbt uns unsere Zivilisation?

Tunesier (und übrigens auch Türken) arbeiten sich nicht „tot“ und wenn ein schönes Lied im Radio kommt, so lassen sie Besen oder Maurerkelle fallen und tanzen auf den Wegen und Straßen. Sie wirken viel fröhlicher als unsere griesgrämigen Zeitgenossen hierzulande, die immer hetzen und keine Ruhe finden… Mittags machen die Bewohner der wärmeren Gefilde ein Schläfchen unter Palmen. Könnten wir uns als Angestellte im Sommer aus dem Büro entfernen und in der Parkanlage auf einer Bank ein Nickerchen einlegen? Wohl kaum!

Doch zurück zu den Menschen in Polen. Die liebevoll gepackten Geschenke mit Dingen, die wir locker entbehren können, bringen nicht nur die Augen der armen Kleinen zum Leuchten. Auch in eine Blindenschule werden die Pakete gebracht. Voriges Jahr hat meine Mutter mit einigen anderen den Konwoi mit begleitet. Da hat unser Gemeindevertreter gefragt, ob wir denen nicht lieber Geld spenden sollen, damit sie kaufen können, was sie benötigen. Doch der Schulleiter sagte folgendes – und das sollten wir uns einmal auf der Zunge zergehen lassen mit unserem ewigen Streben nach viel Geld, Luxus und Macht:

„Die Geschenke sind das einzig Materielle, was diese blinden Kinder und Jugendlichen bekommen. Sie glauben nicht, wie die Gesichter strahlen, wenn sie das Geschenkpapier fühlen, wenn das große Rascheln beginnt. Sie wickeln die hübschen Päckchen aus und erfühlen die Geschenke, Plüschtiere, Puppen, Spielzeug und Nascherei. Sie lachen und freuen sich. Niemals würden Sie mit Geld so viel Freude bereiten!“

Wie dumm sind wir, dass wir immer nach den Superlativen streben: höher, weiter, schneller, mehr. Sollte uns die Aussage des Schulleiters nicht zu denken geben?

Fröhliche Weihnachten!

ähnliche Beiträge:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.