Liebe, Gefühle und Schmerz
Männer behaupten von sich, sie kämen mit allem zurecht. Der eine war mit seiner letzten Partnerin vier Jahre zusammen, bevor sie sich trennten. Erst hat sie ihm seinen Sohn vorenthalten und er kämpfte mit allen Mitteln dagegen. Jetzt darf der Sohn, inzwischen 16, zu seinem Vater. Aber was er zwischenzeitlich durchgemacht hat…. Nein, ein Mann steckt ja sowas locker weg. Nur ganz leise, zwischen den Zeilen, habe ich Emotionen gehört und gefühlt, die mich tief bewegt und betroffen haben. Und seine Beziehung, natürlich ist die für ihn abgeschlossen. Nur dass er es nicht schafft, sich an etwas Neues zu trauen, weil er ja wieder verletzt werden könnte… Er steht seinem Glück selbst im Weg.
So sind sie, die Männer! Erwarte doch nicht jeden Tag ein lauthalses „Ich liebe dich!“ und wenn es geht, das gleich noch fünf Mal am Tag. Das ist ja langweilig! Schau doch viel mehr mal auf das, was er für dich tut. Das kann ein nett gedeckter Frühstückstisch sein, eine freie Autoscheibe im Winter, ein klammheimlich auf deinem Schreibtisch auftauchendes Computerkabel, das du dringend brauchst. Es kann eine Einladung zum Abendessen sein, aber auch etwas weniger Spektakuläres, wie ein Streicheln über deinem Haar oder an deiner Wange. Es kann auch sein, dass du nach der Kur wiederkommst und deine Küche ist komplett neu vorgerichtet. Es gibt tausend kleine und große Gesten im Alltag, woran eine Frau erkennen kann, dass ihr Partner sie liebt, wenn sie nur die Augen aufhält. Und was erwartet sie? Fünf Mal pro Tag den Satz „Ich liebe dich.“
Männer haben viel tiefere Gefühle als wir Frauen. Sie sind viel schneller gekränkt, eingeschnappt, beleidigt. Sie reagieren mit heftigen Wutausbrüchen, wenn ihnen zum 10. Mal Frauen denselben Vorwurf machen. Sie können sich stundenlang über etwas ärgern. Sie können aber auch genauso gut liebevoll und zärtlich sein, kuscheln und streicheln. Sie weinen, wenn auch heimlich, in ihre Kissen, wenn ihnen Liebgewordenes und Vertrautes weggenommen wird. Sie sind verletzt, wenn ihnen Schmerzen zugefügt werden. Und sie werden mit jedem Mal stärker, sagen sie. Dabei ist es doch so, dass jede Verletzung tiefe Narben hinterlässt, die wir Frauen nur mit sehr viel Liebe, Verständnis und Geduld wegküssen können.
Und was machen statt dessen die Frauen – die ja angeblich so gefühlvoll und emotional sind? Ja, natürlich, wir weinen lautstark, zerdrücken manchmal Elefantentränen, um etwas zu bekommen. Oder wir weinen, weil wir wirklich traurig und verletzt sind, unerfüllte Wünsche und Sehensüchte haben. Aber wir Frauen gebären auch unter Schmerzen Kinder und ertragen unendlich viel. Werden wir verletzt, so schaffen wir es, uns irgendwann zu schütteln und diese Verletzung mit Abstand zu betrachten. Wir können uns gar keine so tief gehenden Emotionen leisten, weil wir sonst aussterben würden! Denn wer ein Kind bekommt, der quält sich, aber es hindert ihn nicht, ein weiteres zu bekommen. Also muss eine Frau den Schmerz vergessen können.
Das heißt aber nicht, dass Frauen oberflächlich sind oder ihre Gefühle nicht echt sind. Es ist nur ein Hinweis darauf, das Männer nicht in die Schublade „oberflächlich“ oder „herzlos“ gesteckt werden sollten, nur weil sie nicht so mit Gefühlen umgehen wie wir. Es lohnt sich also, einmal genauer hinzuschauen und die Gefühlswelt der Männer (und auch der Frauen) zu ergründen. Und ich will an dieser Stelle nichts darüber schreiben, wer denn nun das starke und wer das schwache Geschlecht ist. Wir lieben unsere Partner und Partnerinnen doch, weil sie beides sind – stark und zugleich schwach, aufrichtend und zugleich anlehnungsbedürftig.
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